Der letzte Tag brachte für unser Team auch keine Highlights mehr. Gestern Nacht hatte ich vorhergesagt, dass Deutschland den Nationen-Cup gewinnen wird. Als ich heute um 10 Uhr zum zweiten Spiel auf den Platz kam, fand ich nirgends die Deutschen. Ich traf Leons Eltern und erfuhr, dass Deutschland gegen Australien verloren hat. 8:10! Der Präsident, den ich gut kenne, erzählte mir erst vor zwei Tagen, dass Australien ganze 30 Jugendliche hat (ca. 2000 Lizenzen und 50 Vereine), und er weiß dass seine Minitruppe hier nichts ausrichten kann, aber viel lernen.
Und diese 4 Kids haben schnell gelernt, standen im Finale und verloren gegen Japan zu 6. Das kleine Finale im Nationen-Cup hat mich heute mehr begeistert, als das große. Nicht was das Können betrifft – da lagen Welten zwischen beiden Finalspielen – sondern was die Spielfreude angeht.
Bei den beiden Viertelfinalspielen der WM siegten die Favoriten, beide zu 5: Frankreich 1 gegen Frankreich 2 und Madagaskar gegen Belgien.
„Pünktlich” mit 20 Minuten Verspätung startete das Finale mit der Vorstellung der Delegationen und der Schiedsrichter – aber alles war ohne das besondere „etwas”. Bis 5 Minute vor dem Finale spielten z.B. auf den Plätzen alle möglichen frustrierten Nichtweltmeister. So etwas vor einem Finale einer WM ist für mich ein No Go!
Das Finale selbst war, wenigstens bis zum 7:7, was die gespielten Kugeln betrifft, hochkarätig. Da gab es mehrere Aufnahmen in denen unter viel Applaus durchgeschossen wurde. Es wurde perfekt gelegt und auf ein Carreau folgte das nächste usw. Aber bis zum 7:7 vergingen fast 90 Minuten und das, obwohl Frankreich mit zwei Drei-Punkte-Aufnahmen startete. Es kann doch nicht sein, dass fast jede Kugel, die gespielt wird, zuerst mit dem Coach besprochen wird. Pétanque kann so faszinierend und spannend sein, aber man kann es auch unendlich langweilig machen. Im Fernsehen könnte man das rausschneiden, in der Realität leider nicht. Ich bin ein begeisterter Fan von der Idee Olympia, aber bis dahin muss noch viel Professionalität in unseren Sport investiert werden: kompetente Schiedsrichter, die klar das Reglement einfordern, mehr Action und weniger vielfache Spaziergänge zwischen Kreis und Cochonnet usw.
Unser Team saß in der 1. Reihe. Für mich war es das erste mal, dass ich ein Finale nicht zu Ende ansehen wollte. Ich rechnete hoch, wenn das so weiter geht, sitzen wir noch eine Stunde. Mir war kalt, man brauchte immer wieder den Schirm und ich dachte schon daran, wie lange das geht, bis dann endlich die Medaillen vergeben werden. Da wollte ich die Zeit eher nutzen, über den heutigen Tag zu berichten.
Wie ich im Hotel ankam erfuhr ich, dass Madagaskar 13:9 gewonnen hat. Irgendwie muss es dann doch noch schnell gegangen sein.
Abschluss und manchmal Höhepunkt einer WM ist die Übergabe der Pokale an die Sieger und das Abschluss-Dinner. So auch heute. Es ist immer wieder hochinteressant, zu erleben, wie aus staubigen Boulespielern plötzlich elegante Menschen werden.
Es wurde kräftig gefeiert, die neuen Triplette-Weltmeister aus Madagaskar, der Tireur-Weltmeister aus Frankreich und auch die Sieger im Nationen-Cup aus Japan.
Aber die Hauptbeschäftigung für die jungen Sportler an diesem Abend heißt: Trikottausch! Nach einer Stunde weiß man nicht mehr, wer in welchem Trikot steckt. Da gibt es dann deutsche Thailänder, japanische Türken und Schweizer Australier usw. – und genau das ist wunderschön: das friedliche, sportliche Miteinander aller Nationen.