1982 spielte ich zum ersten mal Boule – so richtig mit Eisenkugeln. Es war im Urlaub und Teil des Animations-Programms unseres Hotels auf Ibiza. Bis dahin kannte ich nur Boccia mit wassergefüllten bunten Plastik-Kugeln. Denn damit spielten wir in unserer Werbeagentur in jeder Mittagspause, wenn es das Wetter zuließ. Und wir hatten unsere eigenen Regeln und sehr viel Spaß dabei.
Viel Spaß und ihre eigenen Regeln hatten auch die Teilnehmer am „The 11th Annual International Patanque Tournament 2018”. PATANQUE ist nicht eine neue Sportart, sondern lediglich ein Schreibfehler beim Aufdruck auf den Shirts, die alle Teilnehmer trugen. Oder es war bewusst gemacht, da das ganze Turnier nach einem ganz eigenen Reglement des Hotels ablief.
Aber der Reihe nach. Anita und Wolfgang, zwei Mitglieder der Boule-Freunde des SV Boostedt (Pétanque), machten Urlaub im Katathania und wir hatten gemeinsam ein paar Trainingseinheiten in Saphan Hin, bei Froggy’s und in Naiharn absolviert und waren auf Entdeckungstour in Phuket Town.
Das Turnier war für 3 Tage angesetzt und um es gleich zu sagen, das Hotel machte eine richtig große Show daraus, dass man glauben konnte, auf einer internationalen Großveranstaltung zu sein. Anita und Wolfgang hatten uns eingeladen, das Spektakel anzusehen. Vor allem die Eröffnung des Turniers sei einmalig. Wir schafften es gerade noch pünktlich über den Berg nach Kata zu kommen. Wolfgang hatte sogar einen Parkplatz vor dem Hotel für uns reserviert und nach ein paar Formalitäten erhielten wir unseren Hotelausweis, waren quasi den Gästen gleichgestellt. Das Abenteuer konnte beginnen.
Die erste Überraschung war für mich, dass das ganze Turnier auf einem einzigen Terrain (es gab in der Hotelanlage nur eines, ein weiteren außerhalb) ausgetragen wurde. Die zweite war, dass das Terrain eine spiegelglatte Sandbahn war, die man zuerst gar nicht betreten durfte – war alles zu schön glatt gemacht. Aber alles drumrum war perfekt, der Aushang mit den teilnehmenden Team, die Anzeigetafel für den Turnierverlauf, Spielstand-Anzeiger, Turnierleitung, Schiedsrichter, Kugelaufheber, Kugeln von La Franc – alles war da.
Dann, mit thailand-üblicher Verspätung, ertönte aus der Ferne das Tschingderassabum der Band mit dem unaussprechlichen Namen „Chalermphrakiatsomdetphrasrinakharin Phuket Marching Band”. Vorneweg die Bannerträger, der Tambour gefolgt von den einzelnen Registern der Marsch-Band.
Was mir immer gefällt, ist dass die Instrumente, die mal gerade nicht im Einsatz sind wie hier die Flöten, showmäßig getragen werden.
Auch die große Tuba hängt nicht am Bauch sondern liegt auf der Schulter auf.
Doch die Musik war nur die Vorhut für die Hauptattraktion der Parade: den kleinen Elefanten. Ihm folgten alle, die im Hotel an den Animations-Programmen für die Gäste beteiligt sind in schrillen, bunten Verkleidungen.
Ein kleiner LKW war dekoriert mit allem, was es derzeit so an Obst in Thailand gibt – alles Vitamine für die Sportler! Dahinter die jungen Damen mit den Flaggen der beteiligten Nationen und den Abschluss bildeten die Helfer und Bediensteten, alle einheitlich im rosa Trikot.
Nach einer Runde durch den weiten Innenhof des Hotels nahmen alle Aufstellung auf der Freifläche neben dem Pètanque-Platz zur Begrüßung der Sportler, Hotelgäste und Zuschauer.
Es folgte ein kurzes Showprogramm mit Tanz und Animation und dann schritt die farbenfrohe Truppe zum Terrain, wo der kleine Elefant und der russische Präsident (es wird jedes Jahr ein Präsident für das Turnier gewählt) eine erste Goldkugel warfen.
Eine Kanone schoss Glitter und Konfetti in den azurblauen Himmel, das sich auf Platz und Rasen schön verteilte.
Das obligatorische rosarote Gruppenfoto durfte natürlich auch nicht fehlen. Dann konnte endlich gegen 11:30 das Turnier beginnen. Es waren 24 Mixte-Teams, die antraten. Dabei wurden die Männer gelost für den Setzbaum und jeder erhielt eine Frau zugelost. Da es weniger Frauen als Männer waren, durften einige der Hotelangestellten einspringen. Auch Wolfgang spielte mit einer jungen Thai und Nopparat entpuppte sich später als gute Legerin, die viel zu den Siegen des Teams beitrug.
Der Spielplan war perfekt vorbereitet, man spielte die Vorrunde in 8 Gruppen zu je drei Teams, jeder gegen jeden, die beiden Besten kamen weiter, ein Team schied aus. Wolfgang war in Gruppe B, und startete in der 5. Runde mit einem Sieg, gewann auch gegen den anderen Gruppengegner und war somit für den nächsten tag für das Viertelfinale qualifiziert. Damit alle 24 Teams an einem Tag die Vorrunde auf dem einen Terrain schafften, wurde nur bis 7 gespielt. Wer da gleich einen Vierer oder Fünfer einfing, hatte zu kämpfen. Das Terrain war viel zu weich, man hätte auch am (fast) Strand spielen können. Nach zwei, drei Aufnahme ebneten die fleißigen Helfer die Sandhügel. Wolfgangs Legerin legte schön gerade und immer 20 bis 50 cm vor die Sau. Da kaum einer schießen konnte, schon gar nicht auf Eisen, verzweifelten die Gegner. Und wenn dann einer mal doch nicht Nopparats Kugel nach vorne spielte und den Punkt machte, hatte Wolfgang meist 3 Kugeln um die gegnerische wegzuschießen. Und das klappte gut.
Da um 12:30 Uhr für Wolfgang die Vorrunde beendet war und es erst am nächsten Tag weiter ging, fuhren wir gemeinsam nach Naiharn.
Unterwegs ein kurzer Zwischenstop am Karon View Point, um den herrlichen Rundblick zu genießen.
An diesem Donnerstag waren 9 Deutsche zum Spielen in Naiharn, Jaev mit eingerechnet. Das war nochmals ein gutes Training für Wolfgang für den nächsten Tag.
Er hat sich qualifiziert für die Finalrunde, deshalb fuhren wir am Samstag wieder nach Kata.
Das Halbfinale war ein klarer 9:0 Sieg – es wurde jetzt bis 9 gespielt! Dann waren wir wieder vom Hotel (Anita und Wolfgang hatten uns ja zu Gästen gemacht) zu einem First-Class-Mittagessen-Büffet.
Leider lief im Finale für das Team Wolfgang / Nopparat nicht mehr alles so gut aber Vize-Champion beim „The 11th Annual International Patanque Tournament 2018” ist doch auch was.
Und deshalb blieben wir auch bis zur Siegerehrung nach herrlichem Sonnenuntergang, schließlich gab es einen Vizemeister zu feiern.
Die Siegerehrung, die vielen tollen Preise – alles war perfekt und man konnte fast ein bisschen neidisch werden. So einen Sponsor bräuchten wir bei jeder DM!
Kleiner Nachsatz noch. Ich habe Wolfgangs Team unterstützt, was hier nicht allen gefiel. Vor allem den Gegnern, die vorher gegen ihn verloren haben. In einer Pause unterhielt ich mich mit dem Chef-Animateur, um etwas konstruktive Kritik anzubringen. Z. B. wenn man das Turnier zu Beginn bei der Begrüßung einer WM gleichstellt und nachher sehen muss, dass keinerlei Reglement eingehalten wird, fällt es mir schwer, nichts zu sagen. Ich wollte ihm also vorschlagen, vielleicht nächstes Jahr einiges besser zu machen und sagte wörtlich: „Ich wohne ja hier und habe Zeit”. Diesen Satz hörte der mann der 9:0 Verliererin aus dem Halbfinale und erklärte mir sehr barsch: Sie haben hier überhaupt nichts zu sagen, sie sind nur geduldeter Gast!