Busitis
ist keine Krankheit, fühlt sich aber manchmal krank an.
Gefühlt jedes 10 Fahrzeug auf Phukets Straßen ist ein Omnibus. Besonders wenn ich mit meinem Rad unterwegs bin, fällt mir das meist unangenehm auf. Zum einen haben Busse immer Vorfahrt, zum andern blasen sie mir die stinkenden Abgase ins Gesicht. Bildergallerie.
Zum einen Vorfahrt: Ich denke mal, § 1 der thailändischen Verkehrsregeln lautet etwa so: der stärkere hat immer Vorfahrt. Viele der Straßen hier in Phuket sind 4-spurig und an Kreuzungen oft sogar 6 spurig. Wer fährt grundsätzlich auf der Überholspur? Wer fährt auch noch bei dunkeldunkelrot über die Ampel? Wer nutzt die Abbiegespur um gerade aus zu fahren? Wer überholt dich, um dann nach 20 Metern vor deiner Nase links abzubiegen? Auf alle Fragen gibt es eine richtige Antwort: die Busse. Besonders krass finde ich ein Beispiel, das wir fast jedes Mal, wenn wir zum Boulespielen fahren, erleben. Zur Erinnerung: wir haben Linksverkehr. Auf der 4-spurigen Straße Richtung Rawai müssen wir an einer Ampel nach rechts abbiegen. Zum Abbiegen sind zwei Spuren, eine Spur führt gerade aus und hat immer grün. Die beiden Abbiegespuren haben natürlich auch eine Rotphase. Ein Bus fährt, er hat ja nach § 1 Vorfahrt, bis rund 100 Meter vor der Ampel auf der rechten Spur, setzt dann den Blinker links, rauscht bei grün über die Ampel um direkt danach wieder nach rechts auf die Überholspur abzubiegen!
Eine reelle Chance, an einem Bus vorbei zu kommen, gibt es nur an Ampeln (falls er wirklich mal anhält – siehe oben). Bis der Bus auf Touren kommt, können mindestens drei PKW an ihm vorbei ziehen – vorausgesetzt auf der linken Spur fahren nicht gerade ein paar Mopeds mit Beiwagen.
Zum andern Abgase: das ist ein Thema, das nicht nur Busse betrifft, aber die besonders häufig. Was da an schwarzen Wolken bei so vielen Fahrzeugen hinten raus kommt, ist einfach unglaublich. Im Auto hält man dann halt einfach Abstand und wird prompt überholt, weil ja im fließenden Verkehr keine Lücke entstehen darf (ist als Scherz gemeint). Sicherheitsabstand heißt hier: Wer ihn einhält wird mit Sicherheit rechts oder links überholt, damit er wieder einen neuen Sicherheitsabstand einhalten kann. Verstanden?
Aber warum so viel Busse? Die vielen Charter-Touristen kommen mit Flugzeugen an. Wer also sein Hotel auch mal verlassen will, braucht etwas zum Fahren: Mopedtaxi, Tuk-Tuk, Taxi, Kleinbus, Stadtbus und Touri-Bus stehen zur Auswahl.
Bleiben wir beim Thema, bei den letzteren, den Bussen. Als ich 1999 zum ersten Mal hier war, saß ich selbst täglich im Bus. Eigentlich entdeckte ich Phuket damals nur durch Busfenster. Vom Flughafen zum Hotel – im Bus. Am Morgen vom Hotel zur Boulehalle, am Abend wieder zurück, im Bus. Und zum Schluss wieder vom Hotel zum Flughafen. Ich sah so viel Neues , so viele Düfte drangen von außen in den Bus – eine ganz neue Welt lag da außerhalb der Busfenster.
Jetzt lebe ich hier und schaue durch die Busfenster in die Busse – falls gerade mal die Vorhänge zurückgezogen sind. Ist dies der Fall, ist der Bus meist gefüllt mit Touristen aus Russland. Sind die Vorhänge zu, sitzen sicher Chinesen drin und spielen mit ihrem Smartphones. Diese Busse sind meist einfach weiß – vielleicht mit einem phantasievollen Namen drauf. Und sie fahren fast alle die selben Touren. Das sind aber nicht die großen Sehenswürdigkeiten auf der Insel, sondern Touristen-Abzock-Unternehmen.
Alles, was die Insel zu bieten hat, wird so vermarktet: Kautschuk, Cashews, Perlen und Schmuck, Souvenirs, Fress-Tempel und echte Tempel. Und natürlich gibt es überall etwas zu kaufen. Also raus aus dem Bus, rein in den Markt. Einsteigen und ab zum nächsten Ziel.
Besonders krass empfinde ich dies beim Wat Na Ram. Teilweise stehen 5 bis 6 Busse mit laufenden Motoren – wegen der Klimaanlage – und aus jedem Bus strömen 40 bis 50 Chinesen, um sich mit Opfergaben einzudecken:
Räucherstäbchen, Kerzen, Blumen, Goldplättchen. Manchmal wird es ganz schön eng um den Opferaltar.
Allerdings gibt es auch (bessere) Lokale, die Gruppen aus verschiedenen Busunternehmen als nicht erwünscht proklamieren.
Auf einer etwas abgelegenen Stelle konnte ich seit eineinhalb Jahren bewundern, wie schnell hier ein Luxusgebäudekomplex entstand. Zuerst vermutete ich, dass es ein Hotel werden soll. Aber irgendwann prangte der Namen über den pompösen Wasserspielen am Eingang: Royal Gems. Jetzt, wo alles fertig ist, stehen die Busse Schlange – 22 habe ich einmal gezählt. Mit meinem Rad darf ich nicht in den Hof und nicht fotografieren. Zutritt nur für Bustouristen! Nur von der Straße aus habe ich ein paar Schnappschüsse gemacht. Keine 500 Meter weiter ist eine der zahlreichen Latex-Firmen. Auch sie ein Magnet für Busse und Touristen. Kautschuk wird ja überall auf der Insel angebaut, aber nur mit staatlicher Subvention und Mindestabnahme-Preisen lässt er sich verkaufen. Den Touristen werden dann Matratzen angeboten, anti-alergisch und langlebig, orthopädisch empfohlen und komfortabel, ungiftig und 100% umweltfreundlich und, und, und. Es gibt hier ganze Foren, die darüber diskutieren. Einer, der Verkäuferinnen schult, berichtet z. B., dass es überall Probeliegen-Schlafzimmer gibt. Paare auf Hochzeitsreise werden speziell angesprochen. Wenn die Paare nicht wollen, wird ihnen ein schlechtes Gewissen gemacht mit Blick auf ihre Eltern. In Asien ist so etwas ganz wichtig. Seine Eltern nicht zu lieben, wäre eine Todsünde. Und schon wird die Kreditkarte gezückt. Mir ist nur ein Rätsel, wie auf der Insel rund 100 solche Läden existieren können. Einige Foren-Teilnehmer behaupten sogar, dass viele dieser Firmen reine Geldwäsche-Anlagen seien.
In Thailand zeigt man ja gerne was man hat. Wenn man es nicht hat, sollte es schon so aussehen, als habe man es. Bei den Bussen geht es da um einen Stern: dem Mercedes-Stern.
Schon 1999 lachten wir über den Stern, der auch auf unserem Bus klebte: Ein Silberstern im Kreis, die drei Felder mit Farbe gefüllt. Auch heute fehren noch viele Busse mit diesem Stern. Der Stern trägt ja bekanntlich einen Namen – auch der wird gerne am Bus angebracht. Hinten Benz, vorne Himo!
Und dann die Fahrerkabine. Dass der Fahrer vor lauter Blumengirlanden, Königsfotos, Talismännern, Plüschfiguren, Hinweisschildern noch nach draußen sehen kann, ist da fast ein Wunder.
Oder erklärt das eingeschränkte Gesichtsfeld den Fahrstil mancher Fahrer?
Bus-Art
ist (k)eine Kunstrichtung, die man weniger beschreiben als betrachten kann.
Aber für mich als Designer gibt es auch etwas Positives an den Bussen: ich nenne es mal Bus-Art. Viele Busse sind richtig kunstvoll und phantasievoll bemalt. In der anhängenden Bildergalerie sind die Motive, die ich bis jetzt vor die Linse bekam, zu betrachten.