Tailor Bird

Der Vogel, der sich sein Nest näht!
Ich habe wieder eine neue Vogelart in unserem Garten entdeckt. Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich an den Zaunkönig, der in Ettenheim im Garten durch die Zweige hüpfte.

Damals fiel mir immer ein, was meine Oma über den Vogel sagte: „Wenn dr s’Düweschlipferli siesch, wird’s noch emol kalt.” In Ettenheim hatte ich freien Blick in den Garten und immer wenn ich so ein Dübeschlipferle (Zaunkönig) sah, dachte ich an meine Oma. Sie war eine Bäuerin und sie kannte die Natur. Bei Ihr hatte fast jeder Vogel, jede Pflanze einen zweiten, bedeutungsvolleren Namen.
Jetzt in Thailand sah ich diesen kleinen Wicht, besser gesagt, ich hörte ihn zuerst. Ein lautstarkes, eintöniges Ziep-ziep, bis zu 60-mal hintereinander. Dass so ein kleiner Vogel so laute, kräftige und melodische Rufe hat, war neu für mich. Aber wie sagt man oft scherzhaft: die kleinsten Hunde bellen am lautesten. Doch noch immer wusste ich nicht, wie der Schreihals heißt.


Vor kurzem besuchten wir wieder mal unsere Freunde Jean-François und Roong, beides ambitionierte Vogel-Fotografen, von denen auch die beiden schönen Fotos des auf einem Blatt badenden Vogels stammten – vielen Dank dafür. Es genügten zwei Details in meiner Beschreibung: unruhig und 7 bis 9 cm groß, den Schwanz immer senkrecht aufgestellt. Der Unbekannte hatte seinen Namen: Tailerbird oder auf deutsch Schneidervogel, ganz genau: Rotstirnschneidervogel.

Er ist ein aktiver und unruhiger Vogel und nur sehr schwer im Bild festzuhalten, was man auf mneinem Foto oben sehen kann. Ständig wechselt er seinen Sitzplatz – hüpft oder klettt im Unterholz oder im dichten Gebüsch und vollführt schnelle, kurze und blitzartige Flüge. Bis da das Auto-Zoom eines Laien scharf ist, ist er längst wieder weg.
Aber wie kommt ein Vogel zu seinem Namen?


Auch das war schnelle erklärt: er näht oder nietet sich sein Nest aus lebenden grünen Blättern. Die lebenden Blätter sind stärker als die toten Blätter und bieten ein gemütliches und wasserdichtes Nest, gut getarnt, wie man oben sehen kann. In der Regel ist es das Weibchen, das ein Nest näht – wie bei den Menschen.

Für die Erstellung des Nestes werden große Blätter verwendet. Ich habe nicht schlecht gestaunt, so ein Nest im Garten zu entdecken.

Das beutelförmige oder wiegenförmige Gebilde besteht aus einem großen zusammengerollten Blatt oder aus kleinen zusammengerollten Blättern.

In die Kanten der Blätter werden winzige Löcher mit dem spitzen Schnabel gebohrt und durch die Löcher mit dem Schnabel Fasern gefädelt, anschließend genietet oder genäht.

Das Innere des Nestes wird zum Schluß mit weichen Fasern oder flauschigen Samen ausgepolstert. Das Weibchen legt 2 bis 6 Eier in das Nest ab. Bei der Aufzucht der Jungvögel beteiligen sich beide Elternteile. Und bald wird das monotone Ziep-ziep noch viel öfters ertönen – zu meiner Freude.