Buddhismus im Alltag

Der Buddhismus ist bei den Menschen hier in Thailand, und ich denke, das ist in den Nachbarstaaten ebenso, viel präsenter als die Religionen in Deutschland es für die meisten Menschen sind. Das war in meiner Kindheit bei uns in Hecklingen noch etwas anders. Da war das Katholische noch so allgegenwärtig wie hier der Buddhismus. Ich werde versuchen, hier die Parallelen aufzuzeigen.

Das Kirchenjahr wurde gelebt, die Feiertage waren Feiertage, an denen christliche Rituale im Mittelpunkt standen und nicht nur Geschenke. Christi Himmelfahrt war. z.B. nicht Vatertag, an dem halbbesoffene „Väter” durch die Gegend zogen, sondern der Höhepunkt des Tages war die große Flurprozession. Schon die drei Tage zuvor war jeden Tag frühmorgens eine kleinere Flurprozession, jede in eine andere Himmelsrichtung. Zu dieser Zeit waren wohl noch rund 80 % der Hecklinger von der Landwirtschaft abhängig und man war auf den Segen von oben angewiesen. Drei Wochen später war dann die Fronleichnamsprozession und wieder war das ganze Dorf mit dabei und am 15. August, an Mariä Himmelfahrt, die Gelöbnis-Prozession auf die Burg Lichteneck.

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Thailänder lieben „Prozessionen”. An jedem Feiertag gibt es irgendwo eine. Un meist machen alle mit, die Schulen voran, dann die verschiedenen sozialen und offiziellen Gruppen.

Es gab früher im Dorf im Laufe eines Jahres die Pferdeweihe, später eine Auto- und Motorradweihe und es war üblich, ins Auto eine geweihte Christophorus-Plakette zu hängen. An letzteres musste ich denken, als ich vor kurzem im Wat Wichit Sangkaram war und bei der Weihe eines Mopeds mit dabei. Der junge Besitzer und seine Eltern kamen ins Kloster, ein Mönch nahm die Rituale vor und anschließend wurden (Geld)Opfer dargebracht. Das Moped wurde „gesalbt”, mit Wasser bespritzt, erhielt ein Glücksbändchen umgehängt und zum Schluss startete der Mönch das Gefährt und hupte dreimal laut.

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Von Dreikönig über die Eisheiligen bis zu den Rauhnächten – das Jahr war strukturiert und genauso jede Woche mit dem Sonntag als Höhepunkt. Es gab zum gemeinsamen Frühstück immer einen Sonntagskuchen, dann war Kirchgang, für die Männer im Anschluss daran der Frühschoppen, ein Sonntagsessen und danach ab auf den Fußballplatz, um den SV Hecklingen anzufeuern. Am Abend, wenn nicht alle todmüde waren, wurde bei uns gerne Spiele gemacht.

Was hat das alles mit dem Buddhismus zu tun. Eigentlich nichts und doch recht viel. Es waren feste Strukturen, die uns Kinder ins Leben führten, gemeinsam mit Großeltern und Eltern, dem Bürgermeister, Lehrer und Pfarrer, der ganzen Dorfgemeinschaft.

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Dem Thailänder sind diese Strukturen noch heute so wichtig wie uns damals und das sogar in einer Multikiulti-Stadt wie Phuket. Es wird gemeinsam gefeiert. Dazu gibt es ja schon einen großen Bericht: Feiern nach dem Mond.

In jedem Bauernhaus gab es bei uns einen Hergottswinkel mit Kreuz. Der war mit Kerzen und Blumen geschmückt. Im buddhistischen Haus gibt es einen Hausaltar.

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Jede Familie richtet sich ihren Altar nach ihren Vorstellungen her. Aber immer gehören dazu eine Buddha-Statue, Kerzen und Räucherstäbchen. Im Haus von Jaevs Familie, in dem wir früher immer wohnten, war ein ganzes Zimmer für den Hausaltar reserviert.

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Unserer ist wesentlich kleiner aber schön in den Wohnbereich integriert. Jaev legt regelmäßig zu Voll-, Halb- und Neumond Opfergaben wie frisches Obst, Tee oder Wasser, Blumen am Altar nieder.

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Das Gleiche wird dann auch auf der Terrasse gemacht, weil es bei uns immer noch kein Geisterhäuschen gibt, was aber nicht an mir liegt. Die Vögel freuen sich immer über die Äpfel und vor kurzem glaubte ich einen Geist zu sehen, aber es war nur ein Eudocima Falonia, ein Nachtfalter, dem der Apfel schmeckte.

Bei meinen Großeltern wurde noch vor dem Kruzifix zu besonderen Anlässen gemeinsam gebetet. Buddhisten sprechen vor dem Hausaltar morgens und abends, nach dem Waschen, ein Gebet. Diese Gebete sind keine Gespräche mit Gott sondern ein Anrufen der in einem wohnenden Kräfte. Buddha wird nicht angebetet, da er nach buddhistischer Auffassung in das Nirwana eingegangen ist und damit aufgehört hat zu existieren. Wer Zeit hat, meditiert vor dem Altar.

Einem Baby werden kurz nach der Geburt zu Hause oder in einem Tempel ein paar der ersten Haare abgeschnitten. Danach wird das Kind von einem Mönch oder der ältesten Respektsperson der Familie gesegnet. Zu diesem Akt wird die engste Familie zu einem Fest eingeladen und das Baby wird nun offiziell der Familie vorgestellt und integriert. Die Eltern lassen von einem Mönch oder Astrologen einen Namen bestimmen und erst dann wird das Kind beiden Behörden gemeldet.

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Auch für die Hochzeit gibt es unterschiedliche Bräuche. Viele beachten schon bei der Partnerwahl das Horoskop, spätestens jedoch beim Hochzeitstermin. Bei der Partnerwahl war das bei Jaev und mir etwas anders, aber für den Hochzeitstermin mit der Familie hier in Phuket, kann ich das bestätigen. Für uns bestimmten die Mönche den 24. Dezember. Dieses Datum kann ich mir besser merken als meine anderen Hochzeitstermine. Zwei Tage später verwüstete dann der Tsunami weite Teile Asiens.

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Die Feier begann frühmorgens. Mama und Papa holten uns mit einem Teil der Familie ab und wir fuhren nach Kathu zum Stammhaus der Familie und beteten dort am Hausaltar.

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Da Jaevs Vater chinesischer Abstammung ist, fuhren wir zuerst zum Jui Tui Shrine, einem der schönsten chinesischen Tempel der Stadt und anschließend zum Wat Chalong, dem größten thailändisch buddhistischen Tempel. in beiden Tempeln zelebrierten wir mit der Familie mir damals völlig unbekannte Rituale.

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Am Abend gab es dann mit der ganzen Verwandtschaft – und das waren über 80 Personen – die „Party” im Phuket Merlin Hotel, hoch oben im 9. Stockwerk mit herrlichem Blick über die Stadt. Auch bei dieser Feier waren viele Rituale und wir hatten kaum Zeit zum Verschnaufen, geschweige denn zum Essen. Papa und Mama sprachen die Segenswünsche und hängten uns eine traditionelle Blumengirlande um.

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Sie und die engsten Verwandten gossen uns Wasser über die gefalteten Hände und sprechen dabei Segenswünsche. Dann erhielten sie von uns im zum Dank eine kleine Tasse Tee eingeschenkt.

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Nach dem Tod werden bei den Buddhisten die Körper der Verstorbenen verbrannt. Zuvor wird der Sarg in einem Kloster aufgebahrt und die Familie nimmt dort 5 bis 7 Tage Abschied. Freunde und Bekannte kommen vorbei, Essen mit der Familie und bringen ein kleines Geldgeschenk mit. Am Tage der Verbrennung versammeln sich die Hinterbliebenen, die Mönche des Klosters spannen eine Schnur vom Sarg nach draußen, damit die Seele nach oben steigen kann.

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Nach vielen Gebeten und Ritualen geht der Trauerzug zum Krematorium. Dort erhält jeder Trauergast von der Familie ein kleines Geschenk, das er dem Feuer beigibt und somit dem Toten für die letzte Reise mit. Oft wird kein Grabmal errichtet und die Asche wird in einen Fluss oder in das Meer gestreut, manchmal an Verwandte verteilt und diese bewahren sie dann im Hausaltar auf. Die Asche der Verstorbenen aus der Familie von Jaev sind alle im Wat Khun Chee, das dem Elternhaus am nächsten liegt, in Steingrabmalen beigesetzt.

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Auch bei ganz banalen Dingen werden die Mönche befragt. Viele Thailänder lassen von einem Mönch bestimmen, an welchem Tag sie mit dem neu gekauften Auto zum ersten Mal fahren sollen.

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Auch ein neues Haus wird üblicherweise von Mönchen eingeweiht. Ich war bei unseren Nachbarn mit dabei und werde darüber hier noch separat berichten.

Im Buddhismus gibt es für jeden Wochentag eine Buddha-Figur mit einer speziellen Haltung oder Geste. In jedem Kloster sind sie zu finden, mit einem Behälter davor, in den die Gläubigen ihr Tam Bun, ihre Spende, werfen können. Auch hat jeder Tag seine eigene Farbe, seinen Schutzgott und dem wiederum ist ein Planet zugeordet. Auch da gibt es Parallelen, der Sonntag ist der Wan Athit, der Tag der Sonne, der Mondtag ist hier der Wan Chan, der Tag des Mondes usw. Zu diesem Thema folgt ebenfalls ein separater Bericht.

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Was ich sonst noch so entdeckt habe und weiterhin Alltägliches entdecken werde, ist also hier in diesem Menü zu finden