Die Augen öffnen

Bei den letzten Besuchen in den Tempeln kurz vor dem Vegetarian Festival ist mir mal wieder etwas aufgefallen: da standen Figuren auf den Altären, denen die Augen verbunden waren.

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Die einen hatten einfach ein Band um den Kopf, andere ein gefaltetes Papier in Gold und Rot, das mit einer Schnur festgebunden war. Ich dachte mir, dass das sicher etwas mit dem Vegetarian Festival zu tun hat.

Am 3. Tag des Festivals bin ich in die Altstadt gefahren, weil es nach meinen Recherchen dort noch zwei von mir unentdeckte Tempel zu sehen gibt. Den ersten, den Sui Boon Thong Shrine, habe ich gleich gefunden. Diesmal. Ich bin schon x-mal hier vorbei gekommen, ohne zu ahnen, dass das zweistöckige gelbe Haus in der Seitenstraße ein chinesischer Tempel ist. Aber jetzt, aufgrund des Festvals, ist alles mit den typischen gelben Fahnen geschmückt und entlang der Pattana Rd. stehen die ebenfalls typischen Marktstände. In denen wird alles verkauft, was zum Festival gebraucht wird: vegetarisches Essen, die weiße Kleidung, Getränke, und für die kleinsten bunte Luftballone.

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Selbst als ich vor dem Haus, dem Tempel, stand, war ich mir nicht sicher, ob ich richtig bin. Ich fuhr also ans andere Ende, aber da war gar kein Eingang. Ich fragte also zwei der weiß Gekleideten, die mir bestätigten, dass ich vor dem Tempel stehe.

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Ich parkte mein Rad, ging in den Vorhof und tatsächlich, nach wenigen Schritten stand ich im Eingangstor und konnte den ersten Blick in eine große Halle werfen. Links saßen Gläubige, alle in weiß, an runden Tischen, tranken und aßen. Dahinter ein großer Raum mit Altären und Statuen, im nächsten Raum saßen wieder viele Gläubige an Tischen beim Essen, dahinter wurde gekocht. Ich wollte weitergehen, als mich ein freundlicher Herr aufforderte, die weiße Hose, die er in der Hand hielt, über zu ziehen. Jetzt war ich perfekt gekleidet für einen Tempelbesuch in der zeit des Festivals, denn ein weißes Oberteil hatte ich schon zu Hause angezogen.

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Er deutete auf eine Treppe nach oben und ich folgte seinem Hinweis. Was ich da alles sah, habe ich hier separat beschrieben. Auf einem Altar standen wieder zwei Statuen, deren Augen, hier mit Papier, zugebunden waren. Eine Thailänderin konnte mir hier eine erste Antwort geben. Sie ist mit einem Schweizer verheiratet, wohnt in Nyon am Genfer See und kommt jedes Jahr zum Festival nach Phuket. Sie erklärte mir, dass dies neue Statuen sind, noch nicht „geweiht” und deshalb dürfen sie noch nicht sehen, was hier alles abläuft. So etwas hatte ich mir wirklich auch gedacht.

Ich ging wieder nach unten und machte noch ein paar Fotos. Da wurde ich von einer Frau angesprochen, ich solle doch mitessen oder einen Tee mittrinken. Ich setzte mich an einen der runden Tische, bekam meinen Tee mit Gebäck serviert und musste Fragen beantworten. Wie immer ist die erste: From where do yo come? What are you doing? Where do you live?… Da die Lady relativ gut zu verstehen war, fragte ich sie nach dem zweiten, mir noch unbekannten Shrine, der auf meinen Liste stand. Sie ging weg, fragte bei dem und jenem nach und zeichnete mir einen Plan aufs Papier. Ich sah gleich, dass das ein anderer Tempel war, den ich schon kannte.

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Ich bedankte mich trotzdem höflich und wollte gerade gehen, als die Teilnehmer an einer Straßenprozession zurück zum Tempel kamen. In dem Drahtturm vor dem Eingang wurden die Kracher gezündet und unter weiterem Bewurf der Kracher trugen 4 weiße Männer auf einer Sänfte eine Götterstatue in den Tempel. Einer nahm sie von der Sänfte und trug sie auf dem Kopf nach oben. Also nichts mit weiterfahren, ich ging wieder nach oben.

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Etwa 10 Gotteskrieger oder Medien waren dabei, nacheinander am Altar ihre Insignien (bunt besticktes, schürzenartiges Gewand und Peitsche mit Drachenkopf) abzulegen. Dann folgt ein Ritual, das jeder etwas anders ausführt. Die meisten schlagen mit der flachen Hand auf die Altarplatte, bis zu dreimal. Andere machen das gleiche mit den Ellbogen oder dem Kopf. Einer machte richtige Sprünge zu jedem Schlag. Dann lassen sie sich nach hinten fallen, wie ohnmächtig, in die Arme eines Helfers. Ein andere Helfer deckt das Gesicht mit dem Kleidungsstück zu, ein dritter berührt das Medium an den Oberschenkeln, worauf die Augen geöffnet werden. Der nächste ist dran.

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Nach etwa 15 Minuten war das Ritual zu Ende. Jetzt kam der oberste Gotteskrieger an den Altar. Ihn kann man erkennen an den fünf Fahnen, die er auf dem Rücken trägt. Sie stehen für die fünf himmlischen Heere. Diese Farbsymbolik findet man in den Shrinen sehr oft. Am auffälligsten sind die fünf geschnitzten, reich verzierten Köpfe in den Farben rot, schwarz, weiß, gelb und grün, die auf einem Eisenstab stecken.

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Bei der Prozession durchstechen dann z. B. die Medien mit diesen Spießen ihre Wangen.

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Der Chef war begleitet von drei jungen Musikern mit Trommeln und Bronzegong. Ihr stereotypes Bumbum-Buuum erfüllte die Halle.

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Bei der Statue wartete der Spender der Figur mit zwei weiteren Helfern. Das Medium betrachtete und befühlte die Statue von oben bis unten, dabei immer den Kopf leicht hin und her schüttelnd.

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Dann gab er dem Spender den Auftrag, das bereitliegende, gold-rot bedruckte Papier Papier in eine lange schmale Form zu falten. Der Mann zündete es an und umkreiste mit dem brennenden Papier die Statue. Feuer reinigt.

 

Dan musste der Spender die Augenbinde abnehmen. Das Medium schaute der Figur lange in die Augen, dann machte er eine Geste, als würden die Augen der Statue ihn blenden. Er unterbrach die Zeremonie kurz und überreichte den Musikern und den Umstehenden die bereitliegenden Geschenke. Dann ging es weiter.

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Mit der Dem Drachenkopf seiner Peitsche berührte er die Stirn der Statue. Dann wurde ein Gefäß mit Weihwasser gereicht und er besprengte die Figur.

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Auf dem Altar lagen Farbschalen, Pinsel, rote Wolle und ein sehr dickes Buch. Auffallend daran, das Bildmotiv war chinesisch, die Schrift in lateinischen Buchstaben. Das lässt darauf schließen,dass das Buch aus Vietnam kommt. Vietnam ist in Asien das einzige Land, das lateinische Schriftzeichen benutzt.

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Dann nahm er einen Pinsel und die bereitstehende rote Farbe und setzte an verschiedenen Stellen kleine Rote Punkte aus die Figur – vorne und hinten.

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Zum Schluss musste ein Helfer dem jetzt geweihten Standbild eine Perlenkette umlegen. Jetzt durfte das Götterstandbild mit geöffneten Augen in den Tempel sehen und auf die Gläubigen.

Wenn ich das nächste Mal komme, werde ich schauen, wo die Figur ihren endgültigen Platz bekommen hat. Für mich war es Zeit, nach der Beschreibung den zweiten Tempel zu suchen. Wie ich mir gleich dachte, es war der Jor Ong Shrine. Wieder einmal bin ich darauf reingefallen, dass die Tempel x verschiedene Namen haben, ins englisch übersetzte, die chinesischen Übersetzungen und die Einheimischen haben nochmals ihre eigenen Namen.

Bildergallerie zur großen Prozession.