In Jaevs weitläufiger Verwandtschaft ist ein junger Mann buddhistischer Mönch geworden. Er hat sich entschlossen, in die Sangha, wie das Buddhistische Mönchtum genannt wird, einzutreten. Der vom Buddha (Siddhartha Gautama) selbst ins Leben gerufene Orden der Mönche und Nonnen ist das zentrale Element zur Bewahrung und Verbreitung der Lehre (Dhamma) und bildet gemeinsam mit den Laien die vierfache Gemeinschaft: Mönche (Bhikkhu), Nonnen (Bhikkhuni), Laienschüler und Laienschülerinnen. Bemerkenswert für die damalige Zeit (543 J.v.Chr.) ist die besondere und gleichrangige Nennung der weiblichen Gruppierungen der Gesamtgemeinschaft, aber auch, dass jeder Gruppierung der Charakter einer eigenen, einander unterstützenden Gemeinschaft zugesprochen wird. Innerhalb der Gruppierung ist jeder und jede den anderen Mitgliedern gegenüber ein Freund oder Begleiter, jemand von dem man lernen kann und der im besten Fall auch Vorbild ist.
Beim Ordenseintritt wird nicht wie in christlichen Orden das Leben Gott geweiht und ein lebenslanges Gelübde abgelegt, sondern die Gelübde werden für die Zeit des Ordensaufenthalts abgelegt und nicht als Buße sondern als Übungsweg verstanden. Der Orden kann auch jederzeit verlassen werden und man kann ihm auch wieder beitreten. In Thailand gehört eine Ordination auf Zeit für jeden jungen Mann zum guten Ton.
Diese Ordination wird in Thailand als großes Fest mit traditioneller Musik und Tanz und mit der ganzen Familie gefeiert. Wir waren auch eingeladen und für mich wurde dieser Vormittag zu einem einmaligen Erlebnis voller neuer Eindrücke und vor allem Einblicke in das Wesen des buddhistischen Mönchtums.
Wir nehmen ebenfalls Platz im Zelt, es werden Getränke und Gebäck serviert. Aber mich hält es nicht lange auf dem Stuhl. Ich nehme meinen Fotoapparat zur Hand, um alles im Bild festzuhalten. Essen kann ich später auch noch. Hier die Bildergalerie.
Der junge Mann hatte in der Zwischenzeit die meisten Haare ab. Er nimmt einige seiner Haare in die Hand, schließt die Augen und denkt tief in sich hinein. Begleitet von ein paar wie wild fotografierenden jungen Thais macht er sich auf den Weg zum Sangha, dem Wohnbereich der Mönche. Im Wat Mangonnimit sind dies ein paar einfache, zweistöckige Häuschen. An einem Tisch sitzt eine Gruppe von Mönchen, dahinter ist orangefarbene Wäsche aufgehängt. Ein andere Mönch mit traditioneller Tätowierung hängt auf seinem Balkon die Wäsche auf.
Der angehende Mönch wäscht sich die Haare, ein älterer Helfer verteilt Rasierschaum auf seinem Haupt. Mit einem einfachen Rasierapparat mit Klingen schert er den Schädel kahl und entfernt die Augenbrauen. Haare gelten im Buddhismus als ein Ausdruck der Schönheit und der Eitelkeit der Menschen im weltlichen Leben. Wer auf seine Haare verzichtet, zeigt damit, dass er keinen Wert mehr auf weltliche Dinge legt. Er kehrt dieser Welt den Rücken und widmet sich ganz seinem Glauben.
Danach wird er ganz in Weiss eingekleidet, das Symbol der Reinheit. Der junge Mann wirkte ziemlich unsicher, fast hilflos, aber Dank der Helfer klappt es dann doch. Die Fotografentruppe und der weiß gekleidete begeben sich in das nächste Gebäude. Hier wird ihm von einem Mönche eine goldene Krone aufgesetzt und bekommt die Symbole der Verehrung: eine Kerze, Räucherstäbchen und eine Lotosblume , die er in den gefalteten Händen hält.
Zusammen mit seinem Vater begrüßt er so die inzwischen mehr als 200 Gäste im Zelt.
Dann stellen sich alle auf zu einer großen Prozession, vorneweg 8 Frauen, die traditionelle Schritt- und Handbewegungen zu der nachfolgenden Musik ausführen.
Dahinter, unter dem traditionellen Schirm, der Novize, gefolgt von den Eltern und der ganzen Verwandtschaft. Mitgeführt werden die acht Requisiten eines Mönches: die Almosenschale, der herkömmliche Rock, das Übergewand, das Schultertuch, der Gürtel, das Rasiermesser, die Nadel und der Wasserfilter. Außerdem weitere Opfergaben für den zukünftigen religiösen Lehrer des Kandidaten und die Mönche.
Im Bereich des Ubosot angekommen, umschreitet die ganze Prozession dreimal im Uhrzeigersinn den Tempel. Der Novize geht zu dem Grenzstein (Bai Sema) direkt vor dem Eingang, erweist diesem seine Verehrung und spricht eine Pali-Formel. Dieser Grenzstein symbolisiert den Wohnort eines Schutzgeistes, der besänftigt werden muss.
In der Zwischenzeit haben Helfer zwei goldene Schalen mit bunten, kunstvoll gefalteten Glücksbringern vor den Füßen der großen Buddha-Statue abgestellt.
Diese Glücksbringer wirft der Novize mit vollen Händen unter das wartende Volk. Jeder versucht, etwas zu erhaschen und so etwas vom Glück abzubekommen.
Jetzt wird er von zwei Helfern über die Schwelle in das Tempelinnere getragen. Familie, Freunde und Verwandte folgen Ihm. Schwangere Frauen dürfen übrigens nicht an dieser Zeremonie teilnehmen, weil nach dem Glauben dadurch eine schwere Geburt möglich wäre.
Die Ordination eines Mönches wird von einem sogenannten Mönchsrat, dem Prior und den ältesten Mönchen eines Wat, vorgenommen. Der Rat hat sich bereits im Ubosot versammelt und wartet. Der Abt sitzt zu Füßen des Buddha, die 15 Mönche knien in zwei Reihen links und rechts auf ihren Sitzkissen.
Die mitgebrachten Geschenke werden in der Mitte der Ordinationshalle abgelegt und alle setzen sich auf den Boden. Die Füße dürfen dabei niemals in Richtung des Buddha zeigen. Der Kandidat verneigt sich dreimal tief vor Buddha und den Mönchen und beantwortet dem Abt einige Fragen.
Dann geht er auf Knien zurück zu seinen Eltern, übergibt seinem Vater seine goldene Kette – ein Mönch darf weder Gold, noch Silber noch Geld besitzen. Sein Vater übergibt ihm seine Mönchsrobe und er kehrt wieder auf den Knien zurück zum Altar. Der Kandidat hockt sich vor den älteren Mönchen nieder und hält mit beiden Händen das Gewand hoch. Mit lauter Stimme bitter er in Pali den Ältestenrat um seine Ordination. Nach der Zustimmung geht er hinaus, um sich umzuziehen.
Auch ich ging mit hinaus und habe so zum ersten Mal gesehen, wie ein Mönch sich kleidet. Die Kleidung besteht aus drei Gewandstücken (Kāsāyas – Rock, Übergewand, Schultertuch), die über der Unterwäsche getragen werden. In Thailand sind die Roben leuchtend orange gefärbt, denn Orange gilt im Buddhismus als Farbe der höchsten Erleuchtung und der Weisheit.
Die beiden Helfer und der ältere Bruder haben alle Hände voll zu tun, den Neumönch richtig einzukleiden. Vor allem das oberste Gewandstück, das über der Schulter getragen wird, ist gut 2 x 3 Meter groß und wird vor dem Tragen zickzack-artig zusammengelegt. Zum Schluss wird alles fest verknotet und ein gefaltetes Tuch vor der Brust eingebunden.
Danach kommt er zurück, um sein Gelübde abzulegen, was vom Abt entgegengenommen wird. Dass die Zeremonie langsam zum Höhepunkt kommt, war daran zu sehen, dass der Abt die Fotografen im Innern nach hinten scheuchte. Es ist unglaublich, wie aufdringlich hier alles mindestens zehnfach im Bild festgehalten wuurde. Für mich war das ideal, denn ich hatte mich schon lange nach draußen verzogen und fotografierte durch die offenen Fenster.
Der Novize bittet die Mönchsversammlung, im Orden aufgenommen zu werden. Er nennt seinen Namen, sein Alter und den Namen seines Meisters und überreicht dem Obermönch die Almosenschale, der sie ihm dann mit einer Schlinge über die Schulter hängt – wieder mit dreifacher tiefer Verbeugung und Ehrerweisung.
Nun beginnt die eigentliche Mönchsweihe (Sangha). Die Gemeinschaft erklärt ebenfalls drei Mal, dass sie mit der Sangha einverstanden ist. Wenn niemand widerspricht, erteilt der vorsitzende Mönch dem Novizen im Namen der Gemeinde die Mönchsweihe. Tag und Stunde der Mönchsweihe werden genau notiert. Sie entscheiden über den künftigen Rang des Mönches in der Gemeinde.
Anschließend bringen Eltern und Verwandte dem Mönch Geschenke. Das wertvollste Geschenk in Thailand ist Reis. Zuerst füllte seine Mutter einen Löffel gekochten Reis in die Bettelschale des jungen Mönches, anschließend auch die anderen Verwandten.
Nun beginnt der neue Mönch, die Geschenke an die älteren Mönche zu verteilen, und er selbst empfängt ebenfalls Geschenke von Freunden und Verwandten. Es folgen die ersten Gebete des jungen Mönches. Dabei legt der Vater die Hand auf die Schulter seines Sohnes, die Mutter und die Oma berühren den Vater und alle anderen Anwesenden legen die Hand auf die Schulter des Vordermannes oder der Vorderfrau, damit jeder den gleichen Anteil an Segen erhält.
Ab dieser Stunde beginnt sein Leben als Mönch. Für mich war das Beeindruckendste, wie binnen dreier Stunden aus einem unsicheren Jüngling nach all den Ritualen ein (fast) fertiger Mönch wurde, der sich in der Orangefarbenen Robe völlig anders benahm.
Hier die Bildergalerie.