Die Jahrhundertbestattung

Donnerstag, 26. Oktober 2017 – ein Tag, der den Thailändern noch lange in Erinnerung bleiben wird. Auch mir. Jaev ist schon vor 6 Uhr aufgebrochen zu den offiziellen Trauerfeierlichkeiten in Saphan Hin. Ich wollte sie eigentlich überraschen und mit dem Rad nachkommen. Nach einem schnellen Frühstück hatte ich die Idee, einen kurzen Blick ins Fernsehen zu werfen. Ich war mir sicher, dass live aus Bangkok berichtet wird. Und jetzt sitze ich seit über 7 Stunden gebannt vor dem Bildschirm und bestaune, nein bewundere, was sich da auf dem Bildschirm abspielt. Das sind Bilder von tiefer Gläubigkeit, von königlicher Hochschätzung und Unterwürfigkeit und einer unvorstellbaren Pracht. Die Farbe Gold dominiert überall. Hier die große Bildergalerie mit vielen zusätzliche Informationen.

Mehr als ein Jahr nach seinem Tod tritt König Rama IX. seine letzte Reise an. Sieben Jahrzehnte war er König und die meisten Thais hatten nie einen anderen Monarchen kennengelernt. Nach seinem Tod im vergangenen Oktober im Alter von 88 Jahren wurde der konservierte Leichnam im Großen Palast, der alten Residenz von Thailands Königen aufgebart. Millionen von Thais, natürlich auch meine Frau, haben sich dort von ihrem König verabschiedet.Auf den Schultern von rund 100 rot-golg gekleideten Trägern wird die symbolische Urne des verstorbenen Königs Bhumibol Adulyadej vom Tempelgebäude Richtung Krematorium auf dem Sanam-Luang-Gelände hinter den königlichen Palästen gebracht, wo Thailands Könige traditionell eingeäschert werden.

In zehnmonatiger Arbeit wurde dazu eigens ein Krematorium gebaut: ein 58 Meter goldverzierter Pavillon mit 9 Nebengebäuden ringsum. Er symbolisiert den Berg Meru, der nach der buddhistischen und hinduistischen Mythologie den Mittelpunkt des Universums markiert. Dem Glauben nach steigt die Seele des Königs mit der Verbrennung in den Himmel auf. Die Asche wird künftig in einem Tempel aufbewahrt, der zum Großen Palast gehört. Die Trauerzeremonie folgt einem Ritual, wie es in Thailand (früher Siam) schon seit Jahrhunderten bei der Feuerbestattung von Königen üblich ist.

Nach dem Passieren des letzten Tores wurde erst der große weiße Sonnenschirm aufgerichtet. Auch der tote König soll beschattet werden. Dann setzt sich der geschätzt nahezu ein Kilometer lange Trauerzug in Bewegung.

Ehrengarden in allen Farben mit ihren puscheligen Helmen auf dem Kopf und die Damen und Herren der Regierung und des Hofstaates in ihren weißen Galauniformen mit schwarzer Armbinde, ganz in orangerot mit Goldhelm rund 1000 Musikanten mit Instrumenten der traditionellen Thai-Musik, die Trägern der Ehrenabzeichen für den König – alles in Gold und Silber.

Die hohen Generale, vorneweg Regierungschef und Premierminister General Prayut Chan-o-cha.

Nach der halben Wegstrecke wird die Urne umgeladen auf einen goldenen königlichen Streitwagen. Die Militärkapelle spielt dazu Musik von Benny Goodman und auch Eigenkompositionen des verstorbenen Königs, der ein großer Jazz-Liebhaber war und auch mit Goodman auftrat.

Dieser Streitwagen wird gezogen von rund 300 ganz in rot-gold gekleideten Soldaten, aufgestellt in vier Seilreihen. Weitere 100 folgen, ebenfalls starke Seile haltend.

Dem dem Streitwagen folgt die Famile. König Rama X an der Spitze, er in roter Galauniform, gefolgt von seinen drei Schwestern ganz in schwarz.

Dahinter ein weiteres Gefährt, auf der höchste buddhistische Würdenträger thront, der die Zeremonie leitet und die ganze Zeit Gebete abliest.


Die Straßen sind gesäumt von über 100.000 Trauernden, ganz in schwarz und fast alle tragen ein Bild des Königs mit sich, oder zumindest einen 100-Baht-Schein mit seinem Abbild. Wenn das Gefährt des Königs sich nähert, verbeugen sie sich so tief, dass sie quasi flach auf dem Boden liegen. Ich sehe viele Tränen, der König wurde und wird geliebt – unvorstellbar für uns Fremde. Ich habe das Wort bewusst gewählt, denn heute fühle ich mich als Fremder, weil ich so vieles nicht verstehe.

Zum Sanam-Luang-Gelände schreiten alle mit unvorstellbar langsamen und würdevollen Trauerschritt. Nur die beiden Pferde an der Spitze des Zuges, trippeln unruhig und wippen heftig mit den Köpfen. Diese letzten rund 900 Meter dauern fast zwei Stunden. Ein prächtiges Bild: in der Mitte des Platzes das goldene Krematorium, umrahmt von 9 Nebengebäuden. In der Zwischenzeit haben die letzten Gruppen den Platz erreicht.

Ein seltsamer Ton-Mischmasch liegt über dem ganzen: die Böllerschüsse alle paar Minuten, der nicht endende Trauermarsch der Brass Band, überlagert von den schrillen Tönen einer Bpee (traditionelles Holzblasinstrument), das stampfen des Gleichschritts und den markigen Befehlen der Offiziere draußen vermischt mit den Mönchsgesängen drinnen.


Mit einem Lift wird der König von der Spitze desTransportwagens geholt werden, wird langsam unter Fanfahrenklängen nach unten gekurbelt. Das nächste Gefährt wartet schon, ein großer, zweirädriger Wagen, auf dem die Urne die 100 m bis zum Aufgang des Krematoriums zurücklegt.

Erneut wird umgeladen und gekurbelt, diesmal wirklich zur letzte Fahrt. Dann verschwindet die Urne hinter einem rotgoldenen Vorhang, der sich schließ.

Bhumibols Leichnam wurde jedoch bereits am Vorabend in aller Stille zum Krematorium gefahren. Er selbst hatte, als erster Thai-König überhaupt, verfügt, in einem Sarg verbrannt zu werden.
Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass 75.000 geladene Gäste der Beisetzung beiwohnen sollen. Was mir bis jetzt aufgefallen ist: ich habe noch keinen Ausländer oder ausländischen Gast gesehen. Das hier ist bis jetzt eine rein thailändische Angelegenheit.

Aber jetzt schwenkt die Kamera in eines der Nebengebäude – hier sind alle versammelt. 48 Mönche sitzen in drei Reihen der königlichen Familie gegenüber, abgetrennt durch einen schützende Paravent vom Rest der Gäste. Bhumibols kranke Witwe, Königin Sirikit, war bei der Zeremonie nicht zu sehen.


An der Trauerfeier nehmen mehr als 7000 geladene Gäste teil, darunter viele Angehörige anderer Königshäuser wie Königin Silvia aus Schweden oder Prinz Andrew aus Großbritannien. Deutschland wird von Ex-Bundespräsident Christian Wulff vertreten.

Sie schritten in der Dunkelheit das Krematorium empor, um sich vor dem Sarg des Monarchen zu verneigen. Die Kosten der Trauerzeremonie werden auf umgerechnet etwa 75 Millionen Euro geschätzt.

Die eigentliche Verbrennung begann dann aber im engen Kreis der königlichen Familie. Die Zeremonie wurde von Bhumibols Sohn, dem neuen König Maha Vajiralongkorn, geleitet, König Rama X und einziger Sohn. Die Krönung steht noch aus. Von den Thais wird erwartet, dass der 65-Jährige künftig stärker in Thailand in Erscheinung tritt. Bislang hält er sich oft in Bayern auf, wo er am Starnberger See eine Villa besitzt. Dort geht auch sein zwölfjähriger Sohn zur Schule.

Nach so viel fernsehen, wollte ich mir endlich auch einen Eindruck vor Ort verschaffen. Also ab nach Saphan Hin, wo Phukets zentrale Trauerfeier stattfand. Als ich gegen 18 Uhr nach Hause kam, lief immer noch die Übertragung. Erst für 22 Uhr war die Einäscherung geplant, von der natürlich nichts gezeigt wurde, zumindest offiziell.
Auf div. Sovial Medien waren am anderen Morgen die Verbrennungsreste zu shen, die Asche und Knochensplitter.


Aber am Freitagmorgen ging es weiter mit einer feierlicher Prozession, fast so großartig wie am Vortag.

Die sterblichen Überreste, Asche und Knochenreste, wurden in zwei getrennten Urnen zurück in den Wat Phra Kaeo im Königspalast von Bangkok gebracht.

Dort haben sie jetzt einen würdigen Platz gefunden, und ich bin mir sicher, dass in Zukunft jeder Thailänder mindestens einmal im Leben dort den toten König besuchen wird.

Die Fünf Tage der Staatstrauer und Trauerzeremonie sind jetzt zu Ende. Thailand hat in dieser Zeit innegehalten im Gedenken an den beim Volk hochverehrten König.

Hier geht’s zur großen Bildergalerie mit vielen weiteren Informationen.