F.A.T. – Street Art in Phuket Town.

In den letzten zehn Jahren ist Phuket aus dem Dornröschen schlaf erwacht. Aus einer grauen Maus ist ein buntes Highlight geworden. Wirklich – wenn ich mal zwei Wochen nicht da war – muss ich mich neu orientieren. Natür lich bleiben die Straßen gleich, aber in den Straßen tut sich so viel: die alten Fassaden werden renoviert, die hässlichen Stromleitungen verschwinden wo es geht in der Erde, es entstehen schicke Cafés, Bars, Boutiquen und Galerien, die sich mit den alten Läden harmonisch verbinden. Ich bin natürlich ein wenig stolz hier zu leben und – wenn ich Besucher habe – Phuket’s wahre Schönheit allen zu zeigen.


Ab 2016 ist wieder was großartiges passiert: Phuket hat die Kunst, genauer gesagt die Street Art entdeckt. Dahinter steckt aber nicht nur die Stadt, sondern auch ein lokal organisiertes Projekt: F.A.T – „Food, Art, (old) Town“ oder frei übersetzt „Gennuss, Kunst, Altstadt”. Dazu muss man wissen, dass die UNESCO Phuket den Titel „Stadt der Gastronomie“ verliehen hat. Damit werden die reiche kulinarische Geschichte und die außergewöhnliche Küche der Ferieninsel anerkannt. Die Stadt ist bekannt für die lokalen Spezialitäten und für die Angebote der chinesischen Straßenküche.


Zurück zum Buchstaben „A”, steht für Art, für Kunst. Die F,A.T. hat namhafte Künstler eingeladen, u.a.  Alex Face, Rukkit und Liudmila Letnikova. Sie haben Gebäude der Altstadt zu wahren Kunstwerken umgestaltet. In der Thalang Road, der Krabi Road und der Dibuk Road finden sich noch viele ältere Häuser und Geschäfte im sino-portugiesischen Stil. Hier wurde in den letzten 10 Jahren bereits umfangreich saniert, mit vielen Neuanstrichen in bunten Farben, Oberleitungen wurden unterirdisch verlegt, die Gehwege ganz neu gestaltet. Es entstanden viele schöne kleine Cafés und Bars, die sich gut mit alten Läden mischen. Ich mag das alte Stadtgebiet, für mich das Herz Phukets, und ich würde gerne noch öfters dahin radeln.


Die erste Street Art, die ich fand, war in der Thalang Road, Ecke Soi Romanee. Ein erstaunliches Gesicht eines Mädchens, knallig bunt mit großen, fragenden Augen – ein Kontrast zur alten, bröckelnden Wand. Es wurde vom französischen Künstler Noé Two gemalt und war sofort Anlaufpunkt für Fotos, Selfies und Facebook-Fans! Noé Two ist ein autodidaktischer, zeitgenössischer Künstler aus Frankreich. Er entdeckte Ende der 80er Jahre die Malerei durch die Street Art und malt Fresken im figurativen Stil. Seine Reisen um die Welt und die Entdeckung anderer Kulturen spiegeln sich in seinen Werken, vor allem Porträts von Frauen und Tieren in allen Farben und intensiven Blicken und viel Emotionen.


Dann entdeckte ich im Februar 2016 eine Mauer voller seltsamer Kunstwerke in der Dibuk Road. Eine ganz bunte Mischung an Stilen oder Stilrichtungen, eine Wand aus Graffiti, Pop-Art, Klecksereien, Cartoon (Foto oben untere Hälfte). Obwohl nichts wirklich herausragte, war ich fasziniert und berichtete gleich darüber.

Diese Wand wurde nach dem Tode von König Bhumibol neu gestrichen mit einem Wandgemälde, das den hochverehrten König Rama IX in den typischen Posen zeigt: als Olympiateilnehmer im Segeln, als Fotograh, Entdecker, Visionär und hochdekoriert in Uniform schwebt er über den Wolken.


Etwa vor einem Jahr wurde das immer mehr mehr zerfallende Gesicht in der Thalang Road von dem bekannten und einflussreichen thailändischen Graffitikünstler Alex Face, mit bürgerlichem Namen Patcharapol Tangruen, übermalt. Man sieht jetzt Mardi in einem chinesischen roten Schildkrötenkuchenkleid, eine Reminiszenz an das Phor Tor Festival. Alex Face hat in der Stadt gleich 3 Kunstwerke geschaffen, alle mit seinem Markenzeichen „Mardi”. Solche Graffitis von ihm kann man auch in den Straßen von Bangkok, Jakarta, Tokyo, Seoul, London, Kopenhagen, Amsterdam und Berlin finden. Er studierte Architektur am King Mongktut Institute of Technology, erwarb einen Bachelor für Fine & Applied Arts. Sein Interesse an Architektur führte ihn dazu, die Straßen und Gassen von Bangkok nach verlassenen Gebäuden zu erkunden, die er für seine Street Art nutzen konnte.

Nach der Geburt seiner Tochter schuf er seine Figur mit einem gealterten, desillusionierten Kindergesicht in Tierkostümen. Er malt das Baby mit einem dritten Auge: „Ich glaube an den Geist, so bin ich aufgewachsen, ich fühle den Geist”, sagt er. Das dritte Auge in seinen Zeichnungen stellt eine andere Dimension dar: „Es ist etwas, das wir fühlen können, aber nicht mit zwei Augen sehen können, also füge ich das dritte Auge hinzu, das sehen kann, was wir mit zwei Augen nicht können.”


Am alten Bauernmarkt malte Alex Mardi, passend zur Umgebung, mit einem Ladekarren. Auch dieses Kunstwerk ist ein ganz beliebtes Fotomotiv, in dem sich Besucher gut interieren lassen.
Sein drittes Gemälde am neu renovierten Peranakan Nitat Museum musste er wieder entfernen. Viele alteingesessene Bürger beschwerten sich über das Kunstwerk. Die Stadt startete eine 10-tägige Umfrage, die ergab, dass die Menschen drei Gruppen bildeten: Die Unterstützer, die Gegner aus Gründen des Umweltschutzes und die Gegner, die einen Bruch der Gesellschaft befürchteten. So hat Phuket beschlossen, das Kunstwerke zu löschen, um den lokalen Frieden zu erhalten.

An der Wand neben dem Schildkrötenkind am Eingang zur Soi Romanee findet man die „Taube”eines der beiden Gemälde von Rukkit, einem weiteren thäilndischen Graffiti-Superstar, der seinen eigenen, charakteristischen Stil gefunden hat.
Rukkit Kuanhawate, geboren 1978, ist Grafiker und Straßenkünstler. Er schloss sein Studium an der Chulalongkorn Universität mit einem Bachelor in Kunstpädagogik ab. Seit 2011 bevorzugt er die Malerei auf der Straße mit angewandter Schablone. Seine farbenfrohen und geometrischen Kunstwerke sind in vielen Städten in Thailands zu sehen, ebenso in Seoul, Busan, New Dheli, Hongkong, Dubai. Aber auch als Grafiker ist er mit seinem unverwechselbaren Stil erfolgreich u.a. für Nike, Casio, Toyota, Tiger Bier, Smirnoff, Absolute Unique, Lacoste, Jaspal, Dtac.


Seinen „Tiger” malte er an die Wand des Sinthavee Hotel, einem der älteren Hotels in der Stadt, noch aus der Zeit vor dem Massentourismus.


Die Phang Nga Road ist die Straße der Ateliers und Galerien. Dass hier auch viel Street Art zu finden ist, ist nicht verwunderlich. Gleich hinter dem Eingang zum Sang Tham Shrine hat sich die russische Künstlerin Ludmila Letnikova verewigt. Die Künstlerin, die bei allen Auftritten sehr exzentrisch wirkt, liebt Phuket und ist in der Kunstszene gut integriert. Sie sagt über sich: Ich zeichne seit drei Jahren und bin Mitglied der Union der russischen Designer, bin Grafikdesigner, Illustrator, Motion-Designer.

An der Wand gegenüber, einer Wand, die man schon lange hätte streichen müssen, sind zwei Gemälde von zwei typischen, lokalen Charakteren. Da ist einmal der Mann, der mit seiner Garküche unterwegs ist und auf Kundschaft wartet.


Daneben sitzt eine ältere Frau auf einer Holzbank, auf dem Tisch daneben hat sie das Essen zum Mitnehmen stehen. Hat sie es bei Ihrem Nachbar gekauft oder selbst gekocht? Sie lächelt zufrieden und man möchte sich am liebsten dazu setzen. Beides sin abenfalls beliebte Fotomotive, fast wie im Trick Eye Museum von Phuket.

Wieder ein paar Schritte weiter entfernt befindet sich ein großes Gebäude. Es war früher eine Bank war und steht schon lange leer. Jetzt ist es die Höhle des Löwen –  Spaß bei Seite, der Löwenkopf hat es wieder zu einem Hingucker gemacht.

Nach dem On On Hotel steht das gelbe Gebäude von Pengman, ein altes chinesisch-thailändisches Unternehmen. Es ist ein sehr beliebter Nudelladen und hat jetzt ein großes Stück Kunst entlang der Seitenwände, zu groß, um alles auf einem Fot zeigen zu können.

Der Wasserski fahrende Vogel wurde vom lokalen Künstler Mue Bon gemalt. Auch er ist international unterwegs und macht alles zu Kunstwerken, von der Mülltonne bis zum Wellblechzaun.

Was mich fasziniert ist, wie die Künstler die Strukturen der Wände, Häuser, Umgebung in ihre Kunstwerke mit integrieren und vor allem die bunte Vielfalt der Stile und Techniken. Ich werde mich gerne weiter mit diesem Thema befassen.

Und ich habe mich erinnert, dass ich bereits 1979 in Kenzingen als Street Artist gearbeitet habe. Damals gab es einen Kinderspielplatz, einen netten Nachbarn (die Familie Nadler), eine leere Hauswand und meine Kreativität. ich habe aus der Hauswand eine Ball-Anspiel-Ziel-Wand gemacht. Lustige Tiere, allesamt auf dem Kreis aufgebaut, waren Zielscheibe für Ballwürfe von 1 bis 10 Punkte, je nach Größe.