Alle Jahre wieder

September ist Visa-Monat. In diesem Jahr machte ich diese Prozedur zum 4. Mal. Und wie jedes Jahr, gab es wieder Neues zu sehen, auszufüllen, erledigen, nachzureichen – ein Visa in Thailand ist eine unendliche Geschichte.

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Alle 90 Tage muss ich (natürlich müssen das alle Ausländer die hier leben, arbeiten, in Rente sind) auf die Immigration. Ich habe ja den Vorteil, dass die nur rund 8 km entfernt ist und meist fahre ich auch mit dem Rad da hin. Alle 90 Tage, und das so lange ich hier bin, muss ich mich auf dem Amt melden, meinen Pass und viele Kopien davon vorlegen. Dann wird geprüft, ob alles OK ist mit mir, ein Formblatt mit meinen Daten ausgedruckt, mit einem Lineal der untere Teil abgerissen und in meinen Pass getackert. Jetzt habe ich die „Notification”, dass ich wieder 90 Tage hier leben darf, um bis spätestens 12. Dezember 2016 den nächsten Zettel für die nächsten 90 Tage abzuholen. Und dann wieder im März, Juni, September 2017 usw.

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Die 90-Tage-Prozedur ist eigentlich keine große Sache und wenn man nicht gerade zu einer ungünstigen Zeit kommt, in 30 Minuten abgewickelt. Am Eingang sitzen zwei nichtthailändische Beamte, die jeden Eintretenden in Empfang nehmen und die Dokumente prüfen auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Diese Hilfssheriffs in ihrer schmucken Uniform machen diese Arbeit ehrenamtlich und kommen aus der ganzen Welt. Es gibt einen Deutschen, Olaf, Engländer, Niederländer, Australier, Russen, Amerikaner und sicher noch mehr. Mit den vorgenannten hatte ich bis jetzt zu tun. An der Brusttasche haben sie kleine Landesflaggen aufgestickt, die anzeigen, welche Sprachen der oder die Betreffende sprechen. Heute war der Holländer im Dienst und der spricht sehr gut deutsch. Er hatte nichts zu beanstanden und gab mir eine Wartenummer (wie hier überall auf der Post, bei der Bank, auf allen Ämtern). Dann nimmt man Platz, schaut Fernsehen und wartet auf die Ansage und die Anzeige: Chamwan 134 cauntör 3.

Bis vor einem Jahr, musste man jedes mal das ausgefüllte Formblatt TM 47 mitbringen. All die Angaben da drauf hatte der Beamte gegenüber auch auf seinem Bildschirm. Warum doppelt, war mir immer schon ein Rätsel und warum jedesmal – alle 90 Tage – die gleichen Fotokopien, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich ein Leben lang in Deutschland nicht so viele Kopien von meinen persönlichen Dokumenten gemacht habe, wie hier in Thailand alle 3 Monate. Und eine Kopie fehlt fast immer, dann geht man halt wieder raus aus dem Raum, um die Ecke in den Kopiershob, stellt sich in der Schlange an und zahlt 3 Baht (8 Cent) pro Kopie. Mit diesem Job sind zwei Frauen ganztags beschäftigt.

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Schon als mir der Beamte die neue Bestätigung eintackerte, wies er mich darauf hin, dass das Jahresvisa am 29. September fällig ist.

Deshalb ging ich gleich nochmals zu dem freundlichen Holländer, der gerade keine Wartenden vor seinem Tisch stehen hatte und fragte ihn, ob sich für das Visa etwas geändert habe, neue Vorschriften, neue Formulare. Er drückte mir eine Kopie von der Kopie der Kopie des Originals in die Hand, kreuzte 5 Positionen an und sagte, dass ich das ausfüllen soll und mitbringen muss. Schmunzelnd meinte er, ich soll von dem ausgefüllten Formular dann eine Kopie machen, diese mitbringen und das „Original” behalten für das nächste mal. Außer den üblichen persönlichen Angaben sollte ich die Namen meiner Eltern eintragen, die Heimatadresse, die es nicht mehr gibt, Und für den Notfall eine Kontaktperson in Thailand und in Deutschland. Zumindest dies war endlich mal was sinnvolles. Dann klebte er mir in meinen Pass auf alle Seiten, von denen ich eine unterschriebene Kopie mitbringen muss, einen himmelblauen Sticker. Sah lustig aus.

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Zu Hause füllte ich aus und kopierte, um am Mittwoch früh auf der Immigration zu sein. Ich hatte den Mittwoch gewählt, weil das der Tag ist, an dem Olaf Dienst hat und es bei solchen amtlichen Sachen manchmal doch einfacher ist, in der Muttersprache zu reden. Diesmal nahm ich das Auto, weil man für einen so wichtigen Amtsbesuch immer gut angezogen sein muss. 3 Minuten nach 8 war ich da, um 8:30 wird die Tür geöffnet.

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Es ist wichtig, früh da zu sein, weil an jedem Tag nur eine bestimmte Anzahl von Pässen fertig gemacht wird (wenn ich es richtig verstanden habe, nur 25). Ich war der Erste und nutzte die Zeit, um ein paar Fotos zu machen. Sogar einen Blick in das „Heiligtum” konnte ich durch die Scheibe, die eine Putzfrau gerade noch gereinigt hat, werfen. Fotografieren ist innen überall untersagt. Dafür gibt es Free WiFi.

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Dann ist mir ein neues Schild zur Kleiderordnung aufgefallen – hoffentlich waren meine Hosen nicht zu kurz ;-). Ich setzte mich auf die Bank und Wartete. Im 5-Minuten-Takt kamen die nächsten Visawilligen an und nahmen Platz.  Man sah gleich, wer neu war. Die alten Hasen hatten ihre Dokumente beisammen, nahmen ruhig Platz und warteten. Die Neuen hatten ihre thailändische Frau dabei, die ihnen behilflich sein wollte. Ich gehe lieber allein, weil ich die Feststellung gemacht habe, wenn Jaev dabei ist, redet mein thailändisches gegenüber lieber mit ihr in Thai und das was sie dann übersetzt, habe ich selbst schon fast verstanden. Bin ich allein, ist englisch die Amtssprache und da muss ich mich nur auf die ungewohnte Aussprache des Thai-Englisch konzentrieren.

Um 9:37 öffnete sich die Tür und ich war der erste, der am Tisch bei Olaf Platz nehmen konnte. Er prüfte alle Kopien, die beiden Dokumente TM7 und das Notfall-Protokoll und korrigierte einiges. Das Passbild wurde angeheftet und die Kopien fein säuberlich hintereinander gelegt. Er machte mich darauf Aufmerksam, dass ich eventuell Kopien neu machen muss, weil ich die nicht alle in der selben Ausrichtung – Hoch- und Querformat – zu Hause anfertigte. Er hatte sogar Verständnis dafür, dass das viel unnötiger Aufwand für den Thai-Beamten ist, wenn er den ganzen Tag Kopien in die richtige Richtung drehen muss! Außerdem fehlte etwas, auf das mich der Holländer vor zwei tagen nicht aufmerksam gemacht hat. Die große Neuheit in diesem Jahr: zu jedem Antrag auf Visa-Verlängerung muss ein Foto mitgeliefert werden, A4, die Person vor dem Haus und wichtig, die Hausnummer muss zu sehen sein. Dann schickte er mich weiter in den Raum 103. Auch das war neu, bis jetzt war alles in dem Raum hier.

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Also, Treppe runter, ums Haus rum, aber ich sah keine Nr. 103 an der beschriebenen Stelle. Eine freundliche Putzfrau erklärte mir dann, dass ich richtig sei. Und da entdeckte ich auch schon zwei der mit mir auf die Öffnung Wartenten. Sie sagten mir, dass ich in den Innenraum soll, um mir eine Nummer zu holen – wie gehabt. Nummer 10 abholen, draußen warten.

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Die anderen füllten alle noch ihre Formulare aus. Ich prüfte noch einmal meine. Nach einer halben Stunde war ich dran und durfte nach Innen gehen. Da standen 5 Stühle. Erst mal Platz nehmen. In der ersten Reihe saßen vier Beamte. Mir fiel auf, dass die Kleidung der beiden jungen links eine andere Farbe hatte. Da entdeckte ich auch das Ansteckschild: Auszubildende. Ich beobachtete ein wenig die Szene. Ganz links saß eine Azubi, eine junge Frau, bei der die Pässe mit all den papieren drin am Ende landeten. Was sie eigentlich dann damit machte, wurde mir nicht ganz klar. Auf jeden Fall hatte sie zwischendurch immer wieder Zeit, das Fernsehprogramm anzusehen. Dazu muss man wissen, dass inThailand überall ein Fernseher läuft, in der Post, in der Bank, auf den Ämtern – den Wartenden und den Arbeitenden könnte es ja langweilig werden. Der zweite Azubi, ein junger Mann, war dafür zuständig, die Nummern auszugeben und von den Visa-Aspiranten ein Foto zu machen. Dazu musste man sich auf einen extra Stuh gegenüber setzen. Mein Vorgänger setzte sich drauf – und landete auf dem Boden. Sämtliche Schrauben, die die Plastiksitzschale hätten halten sollen, lagen auf dem Boden. Da kein Schraubendreher vorhanden war, versuchte einer der Beamten die Schrauben von Hand einzudrehen, was natürlich misslang. Aber der Azubi war schon unterwegs und nach 5 Minuten hatte er das richtige Werkzeug gefunden und bis ich fotografiert wurde, war der Stuhl repariert.

Nach weiteren 15 Minuten war ich dran und nahm am Tisch Platz. Zwischen mir und dem Beamten gegenüber lagen rund 40 Stempel, schön geordnet auf der Tischplatte. Dass er eine oder zwei Kopien in die richtige Leserichtung drehen musste, bemängelte er nicht, aber das fehlende Foto. Ich musste ein Formular unterschreiben, dass ich es nachliefere, was allerdings auch bedeutete, dass ich meinen Pass erst man nächste Tag nach 13 Uhr abholen konnte. Auf dem Formular TM 7 wird nirgends nach Telefon oder eMail gefragt. Da aber beides gebraucht wird, musste ich es von Hand nachtragen. Hätte ich das schon vorher gemacht, hätte sicher etwas anderes gefehlt. Dann durfte ich 1900 Baht Bearbeitungsgebühr bezahlen (rund 50 Euro) und wieder Platz nehmen, bis ich fotografiert wurde. Der Stuhl blieb ganz und der junge Mann händigte mir eine Quittung aus – und diese hatte die weibliche Kollegin geschrieben – und vertröstete mich auf den nächsten Nachmittag. In zweienhalb Stunden hatte ich doch recht viel erlebt.

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Ich fuhr nach Hause und bat Jaev, das Foto von mir und dem haus und der Hausnummer zu machen. Das war ihr suspekt, sie verstand nicht wozu und erst als ich mit Stativ und per Selbstauslöser das ganze machen wollte, drückte sie dann doch selbst ab.

Am nächsten Tag hatte ich mich innerlich schon auf zwei Stunden eingestellt und vorsorglich beim Pétanque-Club angerufen, dass ich eventuell zum Turnier nicht ganz pünktlich sein kann. Aber es dauerte wirklich nur 10 Minuten und ich hielt meinen Pass in der Hand – bis zum 15. September 2017 habe ich wieder ein Visa!

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Die Immigration hat einen neuen Chef. Der macht „Öffentlichkeitsarbei” mit Plakaten. Seine wichtigste Aussage: Good guys in, bad guys out – die Guten dürfen kommen, die Bösen müssen raus.
Weiterhin kann man da lesen: Die Einwanderungsbehörde ist das Tor nach Thailand und hat die Aufgabe, Menschen und Fahrzeuge, die in das oder aus dem Land reisen, zu prüfen und allen Fremden, die im Königreich sind, zu Diensten zu sein und für den Schutz und die nationalen Sicherheit an vorderster Front zu sein mit Transparenz und Verantwortung, nach internationalem Standard und mit Ausgewogenheit.

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Auf einem anderen Plakat sind die drastischen Strafen für die bad guys aufgelistet, wenn das Visa nicht rechtzeitig erneuert wird:
Überschreitung von 90 Tagen – 1 Jahr Verbannung aus Thailand
Überschreitung von 1 Jahr – 3 Jahre Verbannung aus Thailand
Überschreitung von 3 Jahre – 5 Jahre Verbannung aus Thailand
Überschreitung von 5 Jahre – 10 Jahre Verbannung aus Thailand

Im Falle von Straffälligkeit und Verurteilung
unter einem Jahr –  5 Jahre Verbannung aus Thailand
über einem Jahr –  10 Jahre Verbannung aus Thailand

Noch etwas ist wichtig: wenn ich aus Thailand ausreise, muss ich vorher ein Wieder-Einreise-Visa beantragen. Sonst muss ich draußen bleiben. Ist kein großer Act, wenn alle Papiere stimmen ein, zwei Stunden Zeit und 25 Euro Gebühren.  Und das bei jeder Aus- und Einreise. Und jedes mal winkt mir der König freundlich zu.

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