Thailand is crying! We lost our father!

Thailand trauert, wir haben unseren Vater verloren. Das klingt für uns im fernen Deutschland geschwollen, aber hier in Thailand ist das Realität – zumindest für den Teil, der gerne gelbe Hemden trägt. Der König ist an einem Dienstag geboren, und die Farbe des Dienstags ist Gelb. Das erklärt ein wenig das Thema der Gelb- und Rothemden. Jetzt ist die vorwiegende Farbe Schwarz – wie bei uns, die Farbe der Trauer. Meine Frau trägt seit dem Tod des Königs nur noch schwarz, ich hoffe ein wenig, dass sie nicht das offizielle Trauerjahr von einem Jahr einhält.

Ich bin mir sicher, dass es auch in Deutschland keine Zeitung gibt, die derzeit nicht über den König, die Familie, den Thronfolger usw. schreibt. Deshalb werde ich mich zu diesem Thema kurz fassen und darüber berichten,  was ich so im Alltag erlebe.

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Der Tod des thailändischen Königs Bhumibol Adulyadej kam nicht unerwartet. Die letzten 5 Jahre verbrachte der Monarch fast nur im Krankenhaus. Dennoch herrscht nach dem Tode des Königs, der am 5. Dezember 89 Jahre alt geworden wäre, landesweit ein Gefühl der Leere und Unsicherheit. Im April noch konnte sein 70. Thronjubiläum feiern. Er saß also schon auf dem Thron, als ich 1946 geboren wurde. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass der Großteil der thailändischen Bevölkerung keinen anderen König erlebte.

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Er war Entwicklungshelfer und Ingenieur, studierter Politologe und Jurist, Jazzsaxophonist, Komponist, Maler, Goldmedaillengewinner in der Disziplin Segeln, religiöses Oberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte von Thailand. Er wurde und wird nicht nur im eigenen Land geliebt und verehrt, sondern er ist auch weltweit geachtet. In Thailand ist er der der König der Herzen. Überall im alltäglichen Leben präsent: Sein Gesicht ziert Briefmarken und jeden Geldscheine und jede Münze, sein Porträt hängt in jedem öffentlichen Gebäude und ich möchte behaupten, in jeder Wohnung.

Mehr als 20 Regierungschefs hat er kommen und gehen sehen, darunter allein 12 militärischen Machthaber. 15 Verfassungen wurden während seiner Regentschaft verabschiedet und mindestens so viele Umstürze hat Thailand erlebt Die meisten kennen keinen anderen Monarchen als ihn. Er galt die ganze Zeit als Integrationsfigur und als Garant für die Einheit Thailands beim Wandel vom Agrarstaat zu einem der asiatischen Tigerstaaten.

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Die Tigerstaaten Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur gehörten zu den ärmsten Entwicklungsregionen der Welt, heute zählen sie zu den stärksten Konkurrenten der „alten Industrieländer“. Seit den 1980er Jahren entwickelten sich Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Vietnam ebenso erfolgreich und werden als die „Neuen Tiger“ der zweiten Generation bezeichnet.

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Die Trauer über den Tod von König Rama IX. – so der offizielle Titel – wird in der Bevölkerung tief empfunden und ist überall zu sehen. Es ist auffallend, dass über die Hälfte der Bevölkerung Trauerkleidung trägt, nicht nur Staatsbedienstete, denen das vorgeschrieben ist. Die Leute, die ich auf der Straße treffe, auf den Mopeds sehe, sie tragen schwarz oder schwarz-weiß. Die kleinen Bekleidungsgeschäfte entlang der Straßen, die sonst für Touristen die typischen Batik-Klamotten anbieten, noch letzte Woche die weiße Kleidung für das vegetarische Festival, haben das Angebot gewechselt und verkaufen jetzt schwarze Kleidung. An allen großen LED-Werbeflächen sind Bilder des Königs zu sehen, als Fotograf, Saxophonist, mit Zeitung, auf dem Land bei Entwicklungsprojekten usw. In den Supermärkten ist auf allen Monitoren an den Kassen das Bildnis des Königs zu sehen, das erst ausblendet, wenn der Rechnungsbetrag angezeigt wird.

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An den öffentlichen Gebäuden sind die Flaggen auf Halbmast. An vielen Schulen zeigen Großfotos den König, eingerahmt mit weiß-schwarzen Stoffgirlanden.

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Selbst unser Wachpersonal in unserer Siedlung trägt an der neuen, schicken weißen Uniform eine schwarze Trauerschleife.

Das Fernsehen zeigt den ganzen tag die Trauer der Menschen. Bei der Überführung des Toten Königs vom Siriraj Hospital in den Palast säumten Hundertausende die Straßen. Sie saßen stundenlang und warteten auf die zwei, drei Sekunden, in denen das Auto vorbeifuhr.

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Fast alle hielten dabei ein Foto des Königs in den Händen oder zumindest einen Geldschein hoch, der ja auch das Portrait des Königs zeigt. Wer Thailand nicht kennt, kann so etwas nicht verstehen. Die sozialen Medien sind voll von Berichten, die jeder jeden schickt. Tausende Menschen machten ein Herz und „Ich liebe den König“ zu ihrem Profilbild auf Facebook.

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Generationen von Kindern haben ihm in der Schule täglich die Treue geschworen. Jede Veranstaltung, jeder Kinofilm startete mit der Königshymne, bei der das Publikum aufsteht und ihm Respekt erweist. Die ersten beiden Tage nach dem Tode war es verboten, Alkohol zu kaufen oder auszuschenken. Das Militär untersagt für 30 Tage alle Feierlichkeiten, der Große Königspalast in Bangkok, eine der Hauptattraktionen, bleibt geschlossen.

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Aus Deutschland bekam ich einige Mails, hier eine stellvertretend: Leider habe ich letzte Woche von dem Tod des Königs gehört und musste dann viel an Thailand und die vielen trauernden Menschen denken. Meine Freundin hat schon seit längerer Zeit an der Universität Göttingen eine thailändische Doktorandin in Agrarwissenschaften mit der wir mittlerweile auch befreundet sind. Auch sie war tief betroffen. Ich hoffe das Land wird diese Phase gut überstehen. Bitte richte Jaev auch meine Anteilnahme aus.

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Andere Mails klingen eher besorgt und fragen, ob mit Unruhen zu rechnen ist. Ich denke, eher nicht, denn das Militär, das 2014 die Macht ergriff, sitzt fest im Sattel. Viele Menschen in Thailand sehen den Militärcoup von 2014 als einen vorsorglichen Schritt, um eine mögliche Instabilität nach dem Ableben des Monarchen verhindern zu können, denn das Militär unterhält enge Verbindungen zum Königshaus. Der oberste Militärmachthaber Prayut Chan-O Cha rief alle Regierungsbeamte und Beschäftigte in staatlichen Betrieben zwar auf, eine einjährige Staatstrauer einzuhalten. Doch das Militär ist sich auch bewusst, dass eine längere Schließung von Ministerien und Unternehmen negative Auswirkungen hätte, vor allem auf die Tourismusindustrie, deren Hochzeit im Dezember beginnt.

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Für mich ist der Tod des Königs kein Schock wie für viele Thais, ich habe die Entwicklung beobachten können. Aber auch ich empfinde Trauer und etwas Sorge, wie es weiter gehen wird.

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Es gibt da noch eine Verbindung zum Königshaus für mich: Durch den König und seine Mutter wurde Pétanque in Thailand eingeführt und nur durch diesen Sport bin ich hier angekommen.

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