Unglaublich: Neuer Führerschein in einer Stunde

Heute ein kleines Erlebnis, untypisch Thailand. Wenn man hier etwas offiziell erledigen muss, stellt man sich auf Wartezeiten ein. Ende November legte ich alle Dokumente korrekt bei der Behörde vor und bekam einen Termin für den 6. Februar.
Der Termin war um 8 Uhr angesetzt. Jaev als Thailänderin meinte, das reicht auch um 9 Uhr als ich sie weckte. Beamten kommen immer später. Aber ich habe mich (mal) durchgesetzt und wir waren 4 Minuten vor 8 Uhr bei der Driving License Section. Da standen schon in zwei Reihen die Menschen an.

An der Frontseite eines Zeltes war erklärt, was passieren wird – und dass Begleitpersonen draußen bleiben sollen.

Ich stellte mich bei Warteschlange 2 an: For people who have already apointment – also Leute die schon einen festen Termin haben. Ich war der 15. in der Reihe und was mich sehr verwunderte, alle Wartenden waren Thais.

Eher eine Minute vor 8 als eine Minute zu spät öffnete sich die Tür und eine Beamtin mit Mikro erklärte, wie es weite geht – natürlich nur auf thailändisch. Die beiden Warteschlangen lösten sich auf, die einen standen jetz links, die andern rechts und der Großteil wurde in Raum 1 geschickt. Ich hatte zumindest verstanden, dass alle mit festem Termin jetzt plötzlich in Reihe 1 sich anstellen sollen. Wer in Thailand das Mikrofon hat, hat das letzte Wort.


Jetztz muss ich noch was erklären. Eine große Neuheit gab es seit dem letzten Führerschein 2018. Auf den gesammelten Papieren, die ich zum Termin mitbringen musste,tackerte die Beamtin einen kleinen Zettel mit QR-Code und Internetadresse für DLT eLearning für eine Stunde. Ich musste mich anmelden, bekam einen Zugangscode und startete das Programm. Eine Stunde lang wurde mir dann gezeigt, wie man in Thailand richtig mit dem Auto unterwegs ist. Wenn ich den Film mit der täglichen Realität vergleiche, glaube ich, dass ich in einem ganz anderen Land lebe. Ich habe also die Stunde durchgehalten, denn man konnte sich nicht vorwärts klicken. Fünfmal wurden die lehrreichen Filme unterbrochen und man musste Testfragen beantworten.
Das Video begann mit einer Art Führerscheinprüfung. Eine junge Frau saß im Auto, auf dem Beifahrersitz ein Experte. Sie wollt losfahren, ohne angeschnallt zu sein. Erste Rüge und Erklärung. Sie fuhr in der Stadt zu schnell. Zweite Rüge und Erklärung. Sie überholte links (in Thailand ganz normal bei Linksverkehr). Dritte Rüge und Erklärung. So ging das eine halbe Stunde weiter – nur unterbrochen durch Testfragen. Danach traten Experten auf, die über die Themen Alkohol, Feiertagsverkehr, Überholen, Blinken beim Abbiegen oder halten, Warnblinken (bei den Thais sehr beliebt, vor allem wenn sie mitten auf der Straße stehen um Essen einzukaufen) und weitere wichtige Themen. Die letzten paar Minuten waren dann amerikanische Videos über Extremunfälle bei verschieden Geschwindigkeiten. Am Ende kam nochmals ein Test mit Fragen. Ich habe alles versucht zu beantworten. Ich war gut, denn ich bekam online eine Fahrerlaubnis für 6 Monate!

 

Zurück zum 6. Februar. Ein mir sehr gut bekanntes Datum: war der Geburtstag meines Bruder Hermann. Mein letzter Führerschein 2017 war ausgestellt am Geburtstag meiner Enkelin Amelie. Bleibt also alles in der Familie. Ab jetzt ging alles sehr schnell. Die Beamtin an Station 1 prüfte nochmals die Papiere, die sie mir selbst im November gegeben hatte. Ich zeigte ihr meinen erfolgreichen Internet-Kurs-Abschluss. Sie nickte wohlwollend und sagte mir, dass ich die Papiere in den Korb bei Station 5 legen soll.

Gesagt getan, ich war also jetzt der dritte, der da wartete. Ich setzte mich neben meinen beiden Vorplatzierten auf eine Stuhl und wartete. In den nächsten 20 Minuten füllten sich die Stühle um mich herum. Ein Beamter kam, der bis jetzt in einer anderen Ecke saß und mit dem PC beschäftigt war, kam zu Station 5. Er lehrte den Korb 5 uns stempelte erst mal die Formulare und machte extrem wichtige Striche auf die Papier und seine Unterschrift.

Dann wurden die gut 30 Menschen für den anstehen Physical test aufgefordert, sich am Ort des Geschehens einzufinden. Er erklärte, was hier zu tun ist. Alles auf Thai, ich war ja der einzige Farang, Ausländer. Da ich ja einen Kopf größer war als alle um mich herum stellte ich mich in die letzte Reihe. Aber ich hatte das Procedere ja vor 5 Jahren schon mal gemacht und konnte mich noch erinnern. Und hier ein Stück Originaltext von 2017: Ich kam als fünfter dran. Ich setzte mich auf den Stuhl, den rechten Fuß Richtung der beiden montierten Pedale: Gas und Bremse. Ich musste Gas geben und wenn das rote Licht (eine Ampel?) aufleuchtet, bremsen. Die Reaktionszeit kann dann abgelesen werden. Ich schaffte das zweimal, erkannte richtig die Farben der Ampel aber weiß immer noch nicht, was die Schilder zur Prüfung von Farbenblindheit (kannte ich von irgendwelchen andren Tests) bedeuten sollen. Aber ich hatte bestanden. Einziger Fehler im Text: diesmal kam ich als dritter dran. Please go to counter 4.


Ich nahm meine Papiere und ging zum Schalter 4. Hier musste ich erst mal 505 Baht bezahlen. Die hochdekorierte junge Uniformierte – 3 Sterne und drei Balken in Gold – kassierte und tippte meine Daten in den PC ein. Dann erhielt ich einen Beleg und eine Nummer: Please go to Station 7.


Gesagt, getan. Und ich kam gleich dran. An Station 7 wird die Führerschein-Karte erstellt. Ich setze mich auf den Stuhl vor die Kamera und muss erst mal mein Hemd bis oben zuknöpfen. Dann Brille absetzen, mich gaaaanz zurücklehnen und direkt in die Linse schauen. Klick. Klick. Pease sit down and wait.

Nach 5 Minuten versucht sie meinen Namen aufzurufen. Da ich der einzige Mister war, wusste ich sofort, wer gemeint war. Sie überreichte mir mein neues Kärtchen, das jetzt wieder seine Ehrenplatz in meinem Geldbeutel hat. Der Führerschein ist in Thailand gleich zu setzen mit einem Personalausweis. Für mich heißt das, dass ich nicht immer bei jedem Geldwechsel meinen Reisepass mitnehmen muss. Sogar Flüge innerhalb Thailands kann ich mit diesem Dokument tätigen. Und bei manchen Eintrittspreisen in Museen o.ä. zahle ich den Thai-Preis und nicht den höheren Touristen-Preis.


Nach genau einer Stunde war alles fertig – ein neuer Rekord. Bis zu meinem Geburtstag anno 2028 bin ich versorgt.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.